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Wichernkirche und Gemeindehaus

Das Gemeindehaus und der baulich darin integrierte Turm der evangelischen Wichernkirche im Gießener Osten sind bereits verkauft, nun trennt sich die Gemeinde auch von der seit August 2021 wegen Einsturzgefahr des Daches gesperrten Kirche und wird sie verkaufen. Das hat der Kirchenvorstand beschlossen und den Gemeindemitgliedern in einem Brief im März 2023 mitgeteilt.

Die einstimmig getroffene Entscheidung, mit der die Verantwortlichen seit eineinhalb Jahren gerungen haben, sei sehr schwergefallen und »es hat viele Tränen gegeben«, schreiben die stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende, Brita Ratzel, und Pfarrerin Sonja Löytynoja. »Wir haben alle Argumente vorwärts und rückwärts geprüft, in etlichen Gesprächen mit dem Evangelischen Dekanat Gießen. Wir haben mit Baufachleuten und Finanzexperten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) verschiedenste Szenarien berechnet.« In einem durch externe Experten moderierten mehrmonatigen Entscheidungsprozess habe man sich gemeinsam mit den beiden Nachbargemeinden Andreas und Luther zu diesem Entschluss durchgerungen. Die Gemeinden bilden im Gießener Osten einen sogenannten Kooperationsraum.

 

Mit dem geplanten Verkauf der Kirche reagiert die Gemeinde auf den Bauzustand des Gebäudes. Bei Starkregen musste in der Vergangenheit bereits die Orgel mit Folie abgedeckt werden, da Regenwasser durch die Decke und an den Innenwänden hinablief. Nach verschiedenen Schätzungen würde alleine die Sanierung des Daches zwischen einer und zwei Millionen Euro kosten. Trotz des Erlöses aus dem Verkauf des Gemeindehauses wäre die Gemeinde gezwungen, hohe Darlehen aufzunehmen. »Wir können daher die Sanierung des Kirchendaches nicht finanzieren und auch nicht verantworten. Denn auch nach diesem ersten Sanierungsschritt wäre unsere Kirche immer noch ein energetisch ungedämmtes Gebäude, das heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht, auch was Heizung und Toilettenanlage im Untergeschoss betrifft«, schreiben die Kirchenvorstandsvorsitzende und die Pfarrerin.

 

Die Entscheidung zum Verkauf wurde auch vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels und der damit verbundenen kirchlichen und Bevölkerungsentwicklung getroffen. Die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche sind rückläufig. Gesellschaft und Kirche und damit auch das Gemeindeleben haben sich nach einer Wachstumsphase nach dem Zweiten Weltkrieg seit den 70er bis 80er Jahren stark verändert, schreiben Brita Ratzel und Pfarrerin Löytynoja. 1980 gehörten noch 76 850 Kirchenmitglieder zum Evangelischen Dekanat Gießen. Im Jahr 2020 waren es nur noch circa 50 000, ein Rückgang um 35 Prozent. Auch in der Wicherngemeinde gehen die Zahlen trotz der neuen Wohngebiete Dulles- und Marshall-Siedlung oder Alter Flughafen zurück. Zusammen hatten die Wicherngemeinde sowie die Luther- und die Andreasgemeinde, die einen Nachbarschaftsraum bilden, 2021 noch 5120 Mitglieder. Für 2030 sind noch knapp 4000 Mitglieder prognostiziert.

 

 

 

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